Zur Notation des Gregorianischen Chorals

Die modernen gedruckten und für den liturgischen Gebrauch bestimmten Choralbücher benutzen fast ausnahmslos die Quadratnotation. Bild 1 gibt eine Seite aus dem Graduale Romanum von 1979 wieder (durch Mausklick ist ein Vollbild ladbar). Diese etwa seit der zweiten Hälfte des 19. Jh. übliche, standardisierte Quadratnotation wurde aus den historischen Varianten der seit dem späten 12.Jh. in Westeuropa verbreiteten mittelalterlichen Quadratnotation abgeleitet.

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Bild 2 zeigt eine Seite aus dem Graduale Sarisburiense, einer britischen Handschrift des frühen 13. Jh. Es ist ein typischer Vertreter der historischen Quadratnotation. Die Seite gibt ebenso wie im ersten Beispiel den Tractus "Vinea" aus der Osternacht. Übereinstimmungen und Abweichungen lassen sich auf diese Weise leicht feststellen.

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Vor den Liniennotationen, von denen die Quadratnotation die wichtigste Vertreterin ist, benutzte man Melodiezeichen ohne Linien, sogenannte adiastematische Neumen, die die Tonhöhe bzw. die Intervalle nur unvollständig kennzeichnen. Ein Beispiel dafür ist die St. Gallener Notation. Bild 3 zeigt die entsprechende Seite aus dem Cantatorium St. Gallen 359 von ca. 920. Es ist eine der ältesten erhaltenen und gleichzeitig qualitätsvollsten, mit musikalischer Notation versehenen liturgischen Handschriften.

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Bei etwas Phantasie und Geduld lassen sich die Zusammenhänge zwischen den Sankt Gallener Neumen und den Quadratnoten durchaus erkennen.
Eine sehr wichtige, weil alte und doch diastematische Notation ist die Aquitanische Notation. Diastematisch heißt, die Notation gibt die Intervalle prinzipiell genau wieder, obwohl das aquitanische System dazu keine Linien einsetzt. Als Beispiel ist in Bild 4 die Aufzeichnung des Tractus "Vinea" aus dem Graduale von Galliac/Albi, Paris, Bi Nat lat 776, 11. Jh. gegeben.

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